3. Mein erster Besuch im Rohingya Flüchtlingslager

Rohingya Flüchtlingslager (Kutupalong Refugee Camp)

Rund 1 Million Rohingyas aus Myanmar leben gegenwärtig in Bangladesch. Ein Grossteil von ihnen (etwa 700'000 Menschen) floh im August 2017 nach Bangladesch, nachdem es im Bundesstaat Rakhine in Myanmar zu brutalen Gewaltausbrüchen kam. Die UNO verurteilt die Gewalt gegen die Rohingya als «Handlungen mit Genozid-Charakter» und ermittelt derzeit auf höchster Ebene gegen Myanmar (SRF).

Ein Blick aufs Kutupalong Flüchtlingslager - umgeben von Stacheldraht und Abfall (Bildnachweis: Suman Paul)

Die Volksgruppe der Rohingya ist eine muslimische Minderheit im heutigen buddhistisch dominierten Myanmar (früher Burma). Die Volksgruppe lebt seit mehreren hundert Jahren in der Region des Rakhine-Bundesstaates (früher Arakan), einer Verwaltungseinheit des heutigen Myanmar. Dennoch kam es bereits im späten 1700 und frühen 1800 Jahrhundert, in then 1940ern und 1978 zu Vertreibungswellen der Rohingya aus Myanmar (HRW). Im Jahr 1982 wurden den Rohingya als einziger von 135 Ethnien in Myanmar die Staatsbürgerschaft verwehrt und sie gelten als "illegale Immigranten" in Land (BBC). Als grösste staatenlose Volksgruppe der Welt ist es ihnen nur mit staatlicher Bewilligung erlaubt zu reisen, medizinische Behandlungen oder zu heiraten und sie haben nur sehr eingeschränkt Zugang zu Bildung. Zudem erfahren sie Verfolgung, Landenteignung und Zwangsarbeit  (The Telegraph).

1991 und 1992 folgten weitere Fluchtwellen aufgrund der burmesischen Operation Clean and Beautiful Nation. Viele der geflüchteten Menschen fanden im Nachbarland Bangladesch schutz. Rückführugen nach Myanmar waren nur teils erfolgreich (HRW).

Im Jahr 2017 kam es zur anhin grössten Flüchtlingswelle der Rohingya nach Bangladesch. Da Bangladesch weder die Genfer Flüchtlingskonvention noch das dazugehörige Protokoll von 1967 unterzeichent hat, haben die geflüchteten Menschen keinen legalen Aufenthaltsstatus. Bis heute haben 149 Staaten die Genfer Flüchtlingskonvention und/oder das Zusatzprotokoll von 1967 unterzeichnet. Bangladesch nicht. Aus diesem Grund dürfen die Geflüchteten keiner offiziellen Arbeit nachgehen, haben kaum Zugang zu Bildung, keine Bewegungsfreiheit und kein Recht auf festen Wohnraum (UNHCR). Aufgrund des fehlenden Flüchtlingsstatus spricht man in Bangladesch daher von "Forcibly Displaced Myanmar Nationals" (FDMN), und nicht von Flüchtlingen.

 

Wer ist ein Flüchtling?

Artikel 1a der Genfer Flüchtlingskonvention definiert einen Flüchtling als Person, die
"… aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will; oder die sich als staatenlose infolge solcher Ereignisse ausserhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.“


Das Kutupalong Flüchtlingslager im Süden von Bangladesch befindet sich ca. 50 km südlich der Stadt Cox's Bazar (je nach Verkehr 1.5-3h). Es besteht aus 33 Unterlagern ohne permanente Infrastruktur, sprich alles wird aus Bambus, Wellblech und Plastikplanen gebaut. Ein zweites Flüchtlingslager befindet sich einige Kilometer südlich in Teknaf. Beide Lager befindet sich in einer Region, die extrem anfällig ist für Wirbelstürme, Monsunregen, Erdrutsche und Brände. Das Kutupalong Flüchtlingslager gehört weltweit zu den Flüchtlingslagern mit der Höchsten Populationsdichte. Laut dem UNHCR sind 75 Prozent der Geflüchteten Frauen und Kinder. Mehr als die Hälfte ist unter 18 Jahren. Laut unserem Senior Monitoring Officer liegt die Geburtenrate im Camp zwischen 4-5 Kindern pro Frau, im sonstigen Bangladesch liegt sie bei 1.95 (Stand 2022). 95 Prozent der Rohingya Haushalte sind abhängig von humanitärer Hilfe (UNHCR). Aufgrund der fehlenden Gelder und der sich verschiebenen globalen Aufmerksamkeit (Gaza und die Ukraine sind momentan attraktiver zu unterstützen), musste die UNO 2023 die Essensrationen von 12 USD pro Person und Monat auf 8 USD reduzieren (UNHCR). Mit sehr limitiertem Zugang zu Arbeit und Bildung und eingeschränkter Bewegungsfreiheit eine sehr prekäre Situation.

 

Visuelle Eindrücke der Rohingya Krise

Aus Respekt vor den geflüchteten Menschen im Camp habe ich keine unnötigen Fotografien gemach. Gerne möchte euch hier aber auf den Fotografen K M Asad aus Bangladesch verweisen, der den Rohingya Exodus aus Myanmar nach Bangladesch seit Jahren fotografisch begleitet. Auch der Fotograf Suman Paul (Himu) hat sich der Rohingya Krise in seinem Land gewidmet. Beide Fotografen zeigen ein sehr eindrückliches Bild der Lage und der Schicksale. Himu hat uns zudem unterstützt, die Abfallsituation im Camp und in der Host Community zu dokumentieren.

 

Abfallmanagement im Rohingya Flüchtlingslager

Um das Gesundheitsrisiko im Camp zu vermindern und zur öffentlichen Gesundheit und  einer sauberen Umwelt beizutragen, haben BDRCS und das SRK 2019 ein Abfall-Management System in einem der 33 Unterlager des Rohingya Camps aufgebaut.

Der Abfall wird von den Haushalten in den Sheltern durch die engen Gassen des Camps getragen... (Bildnachweis: Suman Paul)

Die öffentlichen Mülleimern werden geleert. (Bildnachweis: Suman Paul)

Auch die Entwässerungskanäle werden regelmässig gereinigt. (Bildnachweis: Suman Paul)

Der Gesammelte Müll wir anschliessend mit diesen Dreirädern in das MRF (Material Recovery Facility - Materialrückgewinnungsanlagen) gefahren um dort aussortiert zu werden. (Bildnachweis: Suman Paul)

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